Während die Hubbards auf ihren Schiffen waren, wurde das Guardian’s Office (GO) von vier bzw. fünf Personen „gelaufen“: Jane Kember, Morrison Budlong, Henning Heldt und Terry Milner bzw. Richard Weigand. Bei L. Ron Hubbard und seiner Ehefrau Mary Sue liefen die Fäden trotzdem zusammen.

Blog Geheimdienst 4 Jane Kember 2
Jane Kember …

Kember stand dem neu gegründeten Guardian’s Office Worldwide, das in St. Hill/England residierte, vor und Budlong war ihr Deputy Guardian’s for Information (DGI), also für für den Geheimdisnt zuständig …

Blog Geheimdienst 4 Morrison 'Mo' Budlong 1969
Morrison „Mo“ Budlong …

In den USA war Heldt der Deputy Guardian’s United States (DG US)…

Blog Geheimdienst 4 Henning Heldt
Henning Heldt …

Während Terry Milner (links) und später Richard „Dick“ Weigand wiederum seine DGIs US waren …

Dabei werden die Herrschaften das geheime Papier Intelligence Chief sorgfältig studiert haben, da es ihren Aufgabenbereich beschreibt …

Blog Geheimdienst 4 WFMH

Wenig überraschend stand die World Federation of Mental Health (WFMH) am 15. Dezember 1969 als erste im Mittelpunkt der Aktivitäten des Guardian’s Office – Mary Sue Hubbard persönlich ordnete das „Programm“ an …

Blog Geheimdienst 4 Paulette Cooper Reise
Paulette Cooper …

Wobei eigentlich die Journalistin und Autorin Paulette Cooper schon 1968 ins Fadenkreuz des Scientology-Geheimdiensts geraten war, aber noch nicht mit einem eigenen „Programm“ bedacht wurde. Cooper arbeitete als Journalistin, verfasste u.a. Reiseberichte über Kreuzfahrten für Frauenmagazine, bevor sie einen Artikel über Scientology für das britische Magazin Queen (jetzt: Harpers Bazaar) schrieb – und prompt von Scientology verklagt wurde.

Davon unbeeindruckt begann sie danach mit der Arbeit am Buch The Scandal of Scientology, das 1971 erschien und eine Auflage von 500.000 Stück erreichte. Cooper hatte als Kind den Holocaust bzw. die Nazis überlebt und lernte nun die Methoden von Scientology im Umgang mit Kritikern kennen.

In ihrem Tagebuch schrieb Paulette Cooper: „Im Sommer 1968 versuchte ein ehemaliger Freund, der nach meiner Trennung von ihm Scientologe wurde, mich zum Beitritt zu bewegen. Ich besuchte einen Wochenendkurs und entschied, die Sache weiter zu untersuchen. Aber ich hatte keine Ahnung auf was ich mich da einließ. Die meisten Leute hatten Angst, mit mir darüber zu reden, einige erzählten von Todesdrohungen, Belästigungen usw., und schriftliche Unterlagen waren aus den Bibliotheken vollständig verschwunden.

Während ich 1969/70 The Scandal of Scientology schrieb, wusste ich, dass ich damit später Probleme bekommen würde. Scientology selbst bot mir an, mir das Schreiben eines anderen Buches zu ermöglichen, das viel Geld einbringen könnte, falls ich auf dieses verzichten würde. Mit anderen Worten versuchten sie, mich zu kaufen. Aber ich wusste, dass alles was ich in dem Buch schrieb richtig war, immer noch ist – und dass sie im Zugzwang waren, um nicht bloßgestellt zu werden.
Aber trotz meines nach außen hin mutigen Auftreten wurde ich schon etwas beängstigt und besorgt, da bereits einige Belästigungen erfolgten (Verfolgung, Telefonanrufe, Bespitzelung durch Scientology, verleumderische Erklärungen, vier Klagen usw.).

Als ich 1972 die Überreste einer Abhöreinrichtung fand, verklagte ich Scientology in New York – in der falschen Annahme, dass sie mich dann in Ruhe lassen würden.

Blog Geheimdienst 4 Paulette Cooper
Paulette Cooper …

Mitte Februar 1973 bekam ich plötzlich eine Vorladung, vor dem Gericht zu erscheinen. Im Gericht sagte [der stellvertretende Staatsanwalt) Gordon dann zu meiner Verblüffung, dass ich der Grund der Ermittlungen war. Und ich fiel beinahe tot um, als er mir erklärte, dass ich 15 Jahre bekommen könnte falls ich schuldig gesprochen werden würde. Ich denke, dass dies der Moment war, an dem mein Alptraum tatsächlich begann. Den ganzen Nachmittag versuchte ich dann verzweifelt, jede Frage so wahrheitsgetreu wie ich konnte zu beantworten. Ich wurde gefragt, ob ich das Briefpapier schon gesehen habe, ob ich es berührt habe, geschrieben habe – ich verneinte alle Fragen.

Aber ich wusste, dass ich in Schwierigkeiten war, als Gordon mich später nach meiner Sozialversicherungsnummer fragte, ob ich unter Drogen stünde, ob ich verstehe, was sich hier abspiele usw. Dann beugte er sich vor und fragte so etwas wie ‚Nun gut, können sie erklären, wie ihre Fingerabdrücke auf den zweiten Brief kamen?‘
Äußerlich war ich zwar noch gefasst, aber darauf war ich vollständig unvorbereitet, und ich hatte wirklich keine Erklärung. Obwohl ich später wünschte, ich hätte gesagt, dass in der Kriminalistik ein Fingerabdruck auf einem Stück Papier nicht mit einem Fingerabdruck auf einem Piano verglichen werden darf. Ein Stück Papier kann leicht transportiert werden und Fingerabdrücke enthalten, bevor jemand etwas darauf schreibt.

An diesem Abend war ich trotz dem Desaster an dem Tag trotzdem erleichtert und überzeugt davon, dass alles gut werden würde, da ich so die Wahrheit sagte. Darum war ich am nächsten Tag entsetzt und wie gelähmt, als Gorden zu meinem Anwalt sagte sagte, er denke dass ich lüge und ich wegen der beiden Bombendrohungen und wegen Meineids angeklagt werde.

Am 9. Mai 1973 wurde ich in drei Punkten angeklagt, zweimal wegen der Bombendrohungen und wegen Meineid, da ich stets verneinte dies getan zu haben. Ich werde die schreckliche Demütigung meiner Anklage, nachdem ich auf ‚nicht schuldig‘ plädiert hatte, nie vergessen.“

Blog Geheimdienst 4 The Scandal of Scientology

Lawrence Wright dazu: „Nachdem sie wegen Meineids und Bombendrohungen gegen Scientology angeklagt wurde, war Cooper in einer tiefen Depression versunken. Sie hörte auf zu essen und magerte auf weniger als 38 Kilo ab. Sie dachte an Selbstmord. Schließlich überredete sie einen Arzt, ihr das ‚Wahrheitsserum‘ Natriumpenthotal zu verabreichen und sie unter Narkose zu befragen. Die Behörden waren so beeindruckt, dass der Staatsanwalt die Anklage gegen sie fallen ließ. Aber ihr guter Ruf war ruiniert, sie war pleite und gesundheitlich angeschlagen.“

1977 durchsuchte das FBI bei der Strafverfolgung von Scientology bzw. deren Operation Snow White deren Räumlichkeiten in Los Angeles und Washington und fand dabei u.a. auch die Unterlagen der Operation Freakout und anderer „Operationen“ gegen Paulette Cooper.

Scientology bzw. das GO hatte seit 1972 gezielte „Unternehmungen“ gegen Cooper geführt: In der Operation Daniel wurde z.B. ihr Name und ihre Telefonnummer auf öffentlichen Toiletten an die Wand geschrieben. Als ihre Cousine ihre Wohnung hütete und einem vermeintlichen Blumenboten öffnete, hielt ihr dieser eine Pistole an den Kopf und drückte ab. Der Abzug klemmte und das Schreien der Frau veranlasste ihn zur Flucht. Danach zog Cooper in ein Haus mit Portier.

Dort erhielten 300 ihrer unmittelbaren Nachbarn einen Brief, in dem stand, dass die neue Bewohnerin Prostituierte sei, an einer Geschlechtskrankheit litt und Kinder belästige.

Im Dezember 1972 wurde dann die Operation Dynamite lanciert, in der Cooper unterstellt wurde, zwei Bombendrohungen gegen die United Farm Workers ausgesprochen zu haben – auf ihrem Briefpapier und mit ihren Fingerabdrücken darauf.

Zwei Scientology-Mitglieder brachen in die Praxis von Coopers Psychiater ein, stahlen ihre Akte und schickten sie an ihre Adoptiveltern.

Blog Geheimdienst 4 Paulette Cooper 3
Paulette Cooper …

1975 wurde Paulette Cooper in Großbritannien, den USA und Australien verklagt. Scientology begann, ihr Buch in Länder zu exportieren, wo es eine strenge Rechtsordnung gab, um sie dann dort zu verklagen.

Im Frühjahr 1976 wurde die Operation Freakout gestartet, mit der Miss Lovely, so ihr Scientology-Code, endgültig aus dem Verkehr gezogen werden sollte.

Als Erstes wurde dabei eine Frau gesucht, welche die Stimme von Cooper nachmachen konnte, um danach telefonische Drohungen gegen ein arabisches Konsulat in New York auszusprechen. Der zweite Planungsschritt sah vor, dass auf Cooper zuordenbares Briefpapier eine schriftliche Drohung an ein arabisches Konsulat geschrieben werden sollte und im dritten Schritt sollte eine als Cooper auftretende Person in einem Waschsalon Drohungen gegen den US-Präsidenten Gerald Ford und dessen Außenminister Henry Kissinger ausstoßen.

Die Details wurden erst 1977 sichtbar – hier einige Originalunterlagen der Operation Freakout von Scientology bzw. dem Guardian’s Office …

Mehr als 30 Jahre später arbeitete Tony Ortega ihre „Erlebnisse“ mit Scientology akribisch im Buch The Unbreakable Miss Lovely auf und setzte ihrer Widerstandskraft damit ein Denkmal …

Blog Geheimdienst 4 Unbreakable Miss Lovely

Anmerkung: Wenn jemand das Buch The Scandal of Scientology lesen möchte, findet er ein PDF hier.

Aber Paulette Cooper war nicht die Einzige, gegen die der Scientology-Geheimdienst vorging. In Clearwater, das vom Psychokult als zukünftiges Hauptquartier auserkoren war, rückte die Clearwater Sun in den Focus des Interesses. Scientology hatte, getarnt als United Churches damit begonnen, Fuß zu fassen, was naturgemäß zu einem Interesse der Presse führte – was wiederum Scientology gar nicht behagte.

Die Operation China Shop begann 1975 und zog sich über die nächsten Jahre hin: Die Clearwater Sun schrieb einen Artikel …

Blog Geheimdienst 4 Clearwater Sun

Die Scientologen demonstrierten gegen die Clearwater Sun

Blog Geheimdienst 4 Scientologen demonstrierten vor Clearwater Sun

Daraufhin schrieb wieder die Sun und so weiter und so fort …

Blog Geheimdienst 4 Clearwater Sun Naziszene

Hier eine geheime Nachricht, die im Rahmen der Operation China Shop, verfasst wurde …

Blog Geheimdienst 4 Gabe Cazares

Neben der Clearwater Sun erkor Scientology auch den damaligen Bürgermeister der Stadt, Gabriel „Gabe“ Cazares (Foto) zum Ziel ihrer Aktionen, da dieser sich dem Psychokult vehement entgegenstemmte.

In Alpine, der Geburtsstadt von Cazares in Texas, wurden Informationen eingeholt …

Im Rahmen der Operation Speedy Gonzalez sollte versucht werden, die politische Karriere des Hispanoamerikaner Cazares durch einen Sexskandal zu zerstören …

Über den „Fortschritt“ tauschte man sich zwischen den USA und dem Hauptquartier in England aus …

Im Rahmen der Operation Italian Fog sollte versucht werden, Cazares Bigamie nachzuweisen …

Hier noch ein anderes Scientology-Papier zu Italian Fog

Und hier noch ein Interview mit Gabriel Cazares, dass dieser im Rahmen der US-TV-Dokumentation Secret Lives gab …

Was letztendlich davon übrig blieb?

Die Clearwater Sun stellte 1989 ihren Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen ein, Gabriel Cazares trat 1978 als Bürgermeister zurück und Clearwater wurde zur „Stadt der Scientologen“ …

Fotos: Scientology-Publikationen (3), The MccClaughry’s Blog, The Tampa Bay Times, Paulette Cooper, The Underground Bunker (3)