Zum Abschluss meiner Betrachtung des Geheimdienstes von Scientology, dem Office of Special Affairs (OSA), möchte ich noch auf einige Aspekt hinweisen, z.B. die „sozialen Aktivitäten“ des Psychokults.

Grundsätzlich ist OSA im siebenteiligen Organigramm von Scientology, dem sogenannten Org Board, in Division 7 und dort im Department 20 angesiedelt. Gemeinsam mit den Abteilungen 19 und 21 bildet es die sogenannte Executive Division. Die Abteilung 19 beherbergt den Executive Director aka ED aka Commanding Officer (CO), 21 den L. Ron Hubbard Communicator (LRH Comm). Vereinfacht ausgedrückt leitet der ED die Organisation, der LRH Comm ist für die Umsetzung der diversen internen Programme in derselben zuständig.

Blog Geheimdienst 13 Orgboard 19-20-21

Zwischen den beiden befindet sich das Department 20 mit seinen diversen „Aufgabenbereichen“, wobei ich eine herausstreichen möchte: Sie firmiert unter den nichtssagenden Titel Social Reform Section, war zuvor im Guardian’s Office (GO) unter Social Coordination (SOCO) bekannt und bündelt die angesprochenen sozialen Aktivitäten von Scientology …

Blog Geheimdienst 13 OSA Social Reform

Während im GO die einzelnen Aktivitäten auch intern umgesetzt wurden, lagerte OSA diese aus – sie bekamen sozusagen eigene „Identitäten“ bzw. einen eigenen Trägerverein usw.

Die Planung bzw. Leitung der Umsetzung blieb bei OSA der Scientology-Organisation. Um ein Beispiel zu nehmen: Jugend für Menschenrechte tritt zwar als ein eigener Verein auf, bekommt aber die Vorgaben von OSA. Das gleiche gilt für Sag Nein zu Drogen, Der Weg zum Glücklichsein und wie die jeweiligen Tarnorganisationen auch immer heißen mögen: Sie alle stehen unter der eigentlichen Leitung von OSA bzw. können nicht ohne deren „Befehl“ agieren.. Man findet daher bei deren Aktivitäten auch immer OSA-Personal vor Ort.

Und wenn es dann z.B. Jugend für Menschenrechte International geschafft hat, die UNO zügig zu unterwandern, freut sich OSA …

Blog Geheimdienst 13 Jugend für Menschenrechte

Besonderen Augenmerk legt Scientology auf die Citizens Commission on Human Rights (CCHR), sozusagen die Frontgruppe der Frontgruppen, die gegen den „Hauptfeind“ von Scientology angeht: Psychiatrie und Psychologie.

Man agiert aus einem Hauptquartier in Los Angeles samt hauseigener Gruselausstellung …

Blog Geheimdienst 13 CCHR Sunset

Und leitet vorrangig weltweite Kleinausstellungen zum Thema samt Demonstrationen, wie z.B. in Wien, das derart von höchstens 300 Personen, hauptsächlich zusammengetrommelte Scientologen, heimgesucht wurde.

Hier der eher mickrige Protestumzug, bei dem Delegationen von Scientology aus Deutschland und Ungarn, sowie einige entpersonalisierte Flaggen mitmarschierten …

Aber auch Sag Nein zu Drogen versuchte es in Deutschland, wie der BR berichtete – konzertiert von OSA …

Zusammenfassend kann man sagen: Wo die Drogenproblematik, Lernen, Glücklichsein oder was auch immer im Scientology-Kontext draufsteht, ist immer OSA drinnen!

Wobei das „Hauptgeschäft“ des Office of Special Affairs garantiert in deren Investigations Section zu suchen und zu finden ist. Vertrauen wir bei Scientology prinzipiell ganz klein und unleserlich geschrieben, Kontrolle ist angesagt.

Die macht auch vor dem Best Friend Forever Tom Cruise nicht halt …

Blog Geheimdienst 13 Tom Cruise David Miscavige
Tom Cruise und David Miscavige …

Miscavige, der Führer von Scientology, ließ diesen sicherheitshalber von einem Scientologen, Michael Doven, überwachen …

Blog Geheimdienst 13 Michael Doven
Michael Doven …

Aber nicht nur von diesem – der gesamt Cruise-Haushalt war – und ist wahrscheinlich noch immer – von Scientologen durchsetzt – hier ein Artikel der Los Angeles Times dazu.

Garantiert kein BFF des Kultführers war bzw. ist Ursula Caberta, lange Jahre mit ihrer Arbeitsgruppe Scientology in Hamburg ein Stachel im Fleisch des Psychokonzerns. Und daher war es auch nicht verwunderlich, dass auch sie die Zuneigung von OSA bzw. Rolf H. zu spüren bekam.

Im Vorfeld des Arte-OSA-Films Die Spitzel von Scientology recherchierten die Filmemacher u.a. im Umfeld von Rolf H., selbst Scientologe, aber als ehemaliger Detektiv im Rahmen seiner H. Investigations immer wieder für Scientology im Einsatz. Es ist aktenkundig, dass er das Umfeld der ehemaligen Scientology-Beauftragten in Hamburg, Ursula Caberta, genauso „observierte“, wie er für die amerikanischen Scientology-Anwälte Moxon & Bartelson aktiv war.

Blog Geheimdienst 13 Rol H

Nachdem H. ein Interview abgelehnt hatte, machte das Filmteam Rast an einer Tankstelle in der Nähe, als plötzlich Rolf H. (Foto) auftauchte.

Im Folgenden das Gedächtnisprotokoll hinsichtlich des Ablaufes …

Dass Anwälte oder Privatdetektive für Scientology aktiv werden, ist irgendwie nachvollziehbar, da es deren Job ist. Aber was bringt Scientologen dazu, sich dafür herzugeben?

Ich habe diesbezüglich ein Interview mit Ludwig K.* geführt. Er war langjähriger Scientologe, stieg dann aus und wurde davor für einen delikaten Auftrag von OSA engagiert …

Frage: Worum ging es dabei und wie verlief das Recruitment?

Ludwig K.: Man bat mich in’s OSA-Büro und erzählte mir, dass es konkret um ehemalige Scientologen, also um eine Splittergruppe ging, die ich unterwandern sollte. Dazu muss man sich vorstellen, dass man sich ja aus dem Scientology-Alltag kannte. Ich wusste, dass sie für mehr oder weniger geheime Dinge zuständig waren, ich kannte die Abweichler und OSA wusste, dass ich ein linientreuer Scientologe war, dessen Legende ideal für einen solchen Auftrag passte.

Wunderten Sie sich nicht, dass Sie angeworben wurden?

Ludwig K.: Nein. Ich sah das als etwas an, was man als Scientologe machen muss und ich wusste, dass von Splittergruppen die größte Gefahr für die Reinheit von Scientology gesehen wurde. Was natürlich im Nachhinein betrachtet ein kompletter Blödsinn ist, aber damals sah ich diese Notwendigkeit.

Wie ging es weiter?

Ludwig K.: Als nächstes musste ich eine Art Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen, nach der ich eine große Summe zu zahlen hatte, wenn ich darüber spreche und dann wurden mir die Einzelheiten erklärt: Ich sollte mich als Aussteiger präsentieren, der sich der Gruppe anschließen wollte und dort dann deren Kurse usw. absolvieren. Dabei sollte ich so viele Materialien wie möglich beschaffen und regelmäßig Bericht erstatten. Was, wann, wo, mit wem usw. – je detailliert, um so besser. Eigentlich keine große Sache – die einzige Hürde bestand im E-Meter.

Inwiefern?

Ludwig K.: Die Splittergruppe verwendete nicht nur die gleichen Unterlagen wie Scientology, sondern auch deren E-Meter, eine Art Lügendetektor, vor dem jeder Scientologe eine Heidenangst hat. Hubbard gab vor, dass dieses E-Meter alles sieht, weiß usw. und nachdem ich damit rechnen musste, auch bald vor einem dieser Geräte zu sitzen, war mir bei diesem Gedanken sehr leicht übel.

Wie reagierte das Office of Special Affairs darauf?

Ludwig K.: Die sahen das überhaupt nicht als Problem und verwiesen auf ein Special, das ich absolvieren sollte, bevor ich zu meinem Einsatz aufbrach. Dazu musste ich zuerst eine Anweisung von L. Ron Hubbard studieren, indem dieser ganz genau beschrieb, was man zu tun hat, um das E->Meter auszutricksen.

Einfach ausgedrückt musste man lediglich an blaue Wolken, herumhüpfende Schafe usw. denken – unabhängig davon, wie die Frage lautete, die man gerade gestellt bekam. Um das zu verinnerlichen wurde ich vor ein E-Meter gesetzt und musste dieses Prozedere solange drillen [üben], bis ich es intus hatte. Und dann war das E-Meter der sinnlose Haufen Drähte, der es ohnehin ist.

Wie lange ging Ihr Einsatz?

Ludwig K.: Einige Wochen. Irgendwann hatte OSA genug Belege gesammelt, um die Splittergruppe daran anschließend wegen Copyrightverletzungen usw. zu verklagen und deren Aktivitäten abzuwürgen.

Wie denken Sie heute über diese Aktion?

Ludwig K.: Es war genauso verrückt, wie meine ganze Zeit bei Scientology. Am meisten hatte mich damals als gläubiger Scientologe aber sehr wohl erschüttert, dass das E-Meter, das Heiligtum von Scientology, das über allem als allwissendes „Regulativ“ steht, auf einfachste Art und Weise ausgetrickst werden kann. Und das in den Worten von L. Ron Hubbard selbst.

Vielen Dank für das Gespräch. 

Fotos: Uncyklypedia, Scientology-Publikationen (5), Michael Doven

* Name der Redaktion bekannt